Kysano - Das Tal der gefrorenen Tränen

 

1. Kapitel

 

 

 

»Leeza, greif nach meiner Hand, sonst driftest du ab!«

   Kymetos Rufen drang nur ganz leise zu ihr, als ob er weit weg wäre. Unkontrolliert trudelte sie durch den Portalstrudel, in den sie, ihre Freundin Jizahan und der Lichtmagier Kymetos hineingesprungen waren, um aus der Illusion der Erdmagier zu entkommen. Verzweifelt versuchte sie im farbigen Nebel, der überall war, Kymetos Gestalt auszumachen, doch in den wirbelnden Schwaden war nichts zu erkennen.

   »Kymetos, wo bist du? Ich kann dich nicht sehen!«, schrie sie, panisch vor Angst, ihn und Jizahan in diesem alles verschlingenden Strudel verloren zu haben.

   »Ich bin direkt hinter dir. Du musst dich nur zu mir drehen und nach meiner Hand greifen.« Seine Worte drangen nur als kaum wahrnehmbares Flüstern zur jungen Magierin vor, die umhergeschleudert wurde.

   Sie startete einen Versuch, sich zu drehen, aber statt ihn zu erreichen, schlug sie bloß willkürliche Purzelbäume. »Ich kann mich nicht drehen, Kymetos. Die Wirbel sind viel zu stark. Was soll ich nur tun?«

   »Schon gut, Leeza. Bewege dich nicht mehr. Lass dich einfach weiter fallen, ich komme zu dir.«

   Sie tat, wie ihr geheißen, und ließ sich durch die Farbwirbel treiben. Da sie seine Antwort vorher kaum mehr gehört hatte, dachte sie, er wäre weit hinter ihr und schrie erschrocken auf, als sie plötzlich an der linken Schulter gepackt wurde.

   »Ganz ruhig, Leeza. Ich bin’s doch. Halte still, damit ich dich ganz zu mir ziehen kann.« Kymetos Hand rutschte abwärts, packte Leeza fest am Oberarm und zog sie dann mit einem heftigen Ruck zu sich. »Halte dich gut fest. Wir müssen einige Drehungen machen und Jizahan ist immer noch bewusstlos. Ich kann euch nicht beide halten, du darfst also auf keinen Fall loslassen, sonst gehst du im Strudel verloren.«

   Sie nickte und klammerte sich an ihm fest, wobei sie darauf achtete, ihn nicht in seiner Bewegungsfreiheit zu behindern. Er packte nun Jizahan fester, damit sie ihm auf keinen Fall wegrutschte, und verlagerte sein Gewicht nach vorn. Sofort fielen sie vornüber und schlugen einen Purzelbaum um den anderen. Zuerst hatte Leeza das Gefühl, die Drehungen wären absolut unkontrolliert, aber bald spürte sie, sie bewegten sich immer weiter nach rechts. Gab es in diesen Wirbeln tatsächlich einen Weg, dem Kymetos folgte?

   Sie selbst sah überall nur vielfarbige Spiralen, die ineinanderflossen, sich auflösten und dann aus den Nebelschwaden heraus wieder neu entstanden. Unter anderen Umständen wäre sie von dem Farben- und Formenspiel um sie herum wahrscheinlich fasziniert gewesen, aber im Moment wünschte sie sich nur, es wäre endlich vorbei.

   Viele Umdrehungen später bemerkte sie, dass sich der Nebel in Schatten verwandelt hatte. »Kymetos, woher kommen die Schatten plötzlich? Ich kann fast nichts mehr erkennen?«

   »Wovon sprichst du, Leeza? Hier gibt es keine Schatten, sondern nur Nebel, Wirbel und Strudel«, antwortete der Magier schwer atmend.

   »Es werden immer mehr. Ich kann kaum noch etwas sehen«, antwortete sie mit schleppender Stimme.

   Er warf ihr einen besorgten Blick zu. Sie war blass, ihre Pupillen waren unnatürlich groß und wiesen eine leicht violette Verfärbung auf. Das war überhaupt nicht gut, das Spinnengift zeigte auch bei ihr langsam seine Wirkung. »Das ist das Gift, Leeza. Bleib bei mir! Schlaf mir bloß nicht ein! Ich kann nicht euch beide festhalten und gleichzeitig durch den Strudel navigieren. Halte durch, wir haben es fast geschafft.«

   Sie schüttelte energisch den Kopf, um die Schatten zu vertreiben, und atmete einige Male tief durch. »Es geht schon wieder, Kymetos. Konzentriere du dich auf Jizahan und den Strudel.«

   Der Magier nickte erleichtert, orientierte sich kurz und ließ sich und seine Last dann sanft nach rechts kippen. Sofort begannen sie sich wieder zu drehen und Leeza erkannte, sie steuerten auf einen Wirbel aus hellem Licht zu.

   »Das ist der Strudel, den Lestre für uns offen hält, Leeza. Verlagere dein Gewicht etwas mehr nach rechts, sonst verpassen wir ihn. Dann muss ich ihn wieder suchen und ich weiß nicht, wie lange Lestre ihn noch halten kann.«

   Sie lehnte sich ein bisschen mehr nach rechts und versuchte, den Strudel vor ihnen im Auge zu behalten. »Ist es genug so, oder braucht es noch mehr?«

   »So ist es perfekt. Bleib genau so und halt dich gut fest. Der letzte Teil des Falls könnte ruppig werden.«

   Sie klammerte sich noch fester an ihn und machte sich darauf gefasst, kräftig durchgeschüttelt zu werden. Nun trudelten sie genau auf den Lichtstrudel zu und es wurde schnell klar, dass Kymetos’ Warnung gerechtfertigt gewesen war. Je näher sie dem rettenden Ausgang kamen, desto schlimmer wurde es. Plötzlich aufkommende Windböen rissen an ihnen, und obwohl Leeza sich mit aller Kraft festhielt, wäre sie mehr als einmal beinahe weggerissen worden. Gleißende Blitze zuckten haarscharf an ihnen vorbei und sie konnte im reißenden Wind eine Stimme hören.

   Zuerst konnte sie nicht verstehen, was sie sagte, aber dann erkannte sie die Worte: »Lass los, Leeza! Lass dich einfach fallen und komm zu mir.«

   Das war die Stimme ihrer Mutter. Das war doch nicht möglich! »Kymetos, hörst du meine Mutter auch?«

   »Höre nicht auf sie. Sie ist nicht real. Das ist eine Täuschung, die dich verführen will, loszulassen. Der Wind ist voller solcher Stimmen. Bleib da, wir haben es gleich geschafft.«

   Leeza merkte, dass ihr Griff sich gelockert hatte, und packte wieder fester zu. Sie waren jetzt nur noch wenige Meter von ihrem Ziel entfernt und die Windböen hatten sich zu inzwischen zu einem regelrechten Sturm entwickelt. Die Stimmen waren zu einem unver-ständlichen Gekreische angeschwollen, das in den Ohren schmerzte, und das Licht des Strudels vor ihnen war beinahe unerträglich hell geworden.

   »Wir werden gleich in den Lichtstrudel eintauchen. Schließe die Augen, damit das Licht sie nicht verletzt, Leeza!« Kymetos musste schreien, um gegen den tosenden Sturm anzukommen.

   Sie gehorchte und kniff gerade noch rechtzeitig die Augen zu. Sekunden später schossen sie in den gleißenden Strudel aus Licht hinein. Der Lichtstrahl war unfassbar hell, sie wurde sogar durch die geschlossenen Lider geblendet. In diesem Wirbel herrschte absolute Stille und es war kein Lufthauch zu spüren. Wenn Leeza nicht gewusst hätte, dass sie fielen, hätte sie vermutet, sie schwebten in einem luftleeren Raum.

   »Wir werden den Strudel gleich verlassen. Mach dich auf einen Sturz gefasst.« Kymetos hatte kaum fertig gesprochen, als sie auch schon aus dem Wirbel herausschossen und hart auf den Boden knallten.

   Leeza riss beim Aufprall reflexartig die Augen auf und sah für einen kurzen Moment Lestre und eine junge Frau, dann wurde alles schwarz um sie herum und sie verlor das Bewusstsein.

   »Wir müssen den Strudel und das Portal zerstören, Lestre! Jetzt sofort!« Kymetos ließ Jizahan vorsichtig neben Leeza auf den Boden gleiten und wandte sich zum Großmagier um. »Das muss jetzt zeitlich ganz genau passen, sonst lösen wir nur eine Verschiebung des Strudels aus und das könnte fatale Folgen haben. Du hältst das Portal so lange offen, bis ich den Strudel zerstört habe, dann lässt du los und wir vernichten beides. Alles klar?« Er warf Lestre einen kurzen Blick zu und als dieser nickte, hob er die Hände und schoss einen starken Strahl dunkler Energie direkt in den Portalstrudel hinein. Der Strudel explodierte in tausende winzige Lichtpartikel, die das farbige Portal in ein glitzerndes Lichtermeer verwandelten. Nun riss Lestre seine Arme blitzartig nach oben, verharrte einen Moment und bewegte sie dann schnell seitlich abwärts. Sobald er die Bewegung vollendet hatte, schossen er und Kymetos gemeinsam einen gewaltigen Strahl dunkler Energie mitten in das Portal hinein. Das vielfarbige Lichtertor explodierte mit einem heftigen Knall in der Sekunde, in der es von der enormen Kraft aus dunkler Magie getroffen wurde und zersplitterte, als ob es aus Glas gewesen wäre.

   Lestre starrte die Licht- und Farbsplitter perplex an, die den ganzen Boden um sie herum bedeckten. »Das kam jetzt aber doch unerwartet. Ich bin mir allerdings fast sicher, du hast eine Erklärung dafür, nicht wahr?«

   Kymetos nickte zufrieden. »Ich dachte mir, es wäre nicht sonderlich hilfreich, wenn es hier eine riesige Explosion gäbe. Also habe ich das Portal so konzipiert, dass es sich bei einer Zerstörung in Glas verwandelt. Außerdem habe ich es noch mit einer zusätzlichen Hülle umgeben, die verhindern sollte, dass die Splitter überall hinfliegen. Und ich finde, das habe ich verdammt gut hingekriegt.« Er grinste und klopfte sich selbst auf die Schulter. »Jetzt müssen wir nur noch die Scherben beseitigen und dann sieht es aus, als wenn hier nie etwas geschehen wäre. Na ja, abgesehen von den toten Dunkelmagiern natürlich.« Er machte einen lässigen Schlenker mit der Hand, der die Glasscherben auf einen Haufen beförderte, den er sogleich durch ein Fingerschnippen verschwinden ließ. »So, das war’s. Jetzt sollten wir allmählich von hier verschwinden. Leeza und vor allem Jizahan brauchen dringend die Heilkünste von Cithana.«

   »Was ist mit ihnen? Ist Jizahan am Leben?« Lestre beugte sich über die Mädchen und fühlte ihren Puls.

   »Sie haben eine Menge Spinnengift abgekriegt. Die Erdmagier, die die Illusion errichtet hatten, waren so freundlich, ausgerechnet riesige Bechets Pantrux auferstehen zu lassen.«

   Lestre blickte erstaunt hoch. »Und die beiden konnten gegen diese Viecher bestehen? Das ist beeindruckend. In ihnen steckt vermutlich mehr Potenzial, als wir angenommen hatten.«

   Nimaelee, die junge Magierin, die mit Lestre das Portal bewacht und alles fasziniert beobachtet hatte, schreckte auf. »Ich höre Leute kommen. Sie sind nicht mehr allzu weit weg, also sollten wir uns beeilen.«

   Lestre horchte einen Moment. »Du hast recht, Nimaelee. Vermutlich ist es die Wachablösung für die Dunkelmagier, die wir umgebracht haben. Sobald sie merken, dass ihre Kollegen tot sind, ist hier die Hölle los. Bist du bereit, Kymetos?«

   »Jederzeit, wenn du es bist. Wir müssen das wieder genau zeitgleich machen, sonst können sie eventuell unserer magischen Spur folgen.«

   »Na, dann los.«

   Kymetos rieb seine Handflächen so lange aneinander, bis dicker schwarzer Qualm aus ihnen austrat. Er nickte Lestre zu und riss die Arme nach oben, um die Schwaden großzügig zu verteilen. Gleichzeitig machte Lestre eine weitausholende Armbewegung, durch die sie alle vom Berggebiet von Mequyron zurück in Lestres Büro in der Schule der Lichtmagier teleportiert wurden.

   Kaum hatten sie sich materialisiert, rief er gedanklich nach Cithana, der besten Heilerin der Schule. Währenddessen legten Kymetos und Nimaelee die Mädchen vorsichtig auf Lestres Bett im angrenzenden Raum.

   Es dauerte nur einen Augenblick, bis Cithana im Büro stand. »Was ist geschehen, Lestre? Bist du verletzt?«

   »Nein, ich nicht. Du musst dich um Leeza und Jizahan kümmern.« Der Großmagier packte die Heilerin am Arm und schob sie ungeduldig in den Nebenraum.

   »Um Himmelswillen!« Sie stürzte sofort zu den Mädchen hin und fühlte ihren Puls. »Sie sind vergiftet worden. Wie konnte das geschehen?«

   »Das ist jetzt unwichtig. Kannst du sie heilen?«, fragte Kymetos drängend.

   Cithana hatte sich inzwischen die Pupillen der Mädchen näher angeschaut. »Ich weiß nicht. Bei Leeza ist die Vergiftung noch nicht allzu weit fortgeschritten, aber bei Jizahan sieht es schlecht aus. Wisst ihr, was es für ein Gift ist?«

   Kymetos blickte fragend zu Lestre und als der nickte, antwortete er: »Spinnengift. Bechets Pantrux, um genau zu sein. Sehr viel davon.«

   »Bechets Pantrux? Wie ist das möglich? Diese Spinnenart ist schon seit Jahrhunderten ausgestorben.« Sie warf Kymetos einen ungläubigen Blick zu.

   »Ganz offensichtlich nicht überall. Was ist nun, kannst du sie heilen?«, mischte sich Lestre ungeduldig ein.

   Zweifelnd schüttelte sie den Kopf und untersuchte vorsichtig eine der vielen Bisswunden an Jizahans Körper. »Ich bin mir nicht sicher. Dieses Gift ist anders als alles, was ich bisher gesehen habe. Ich muss erst in den alten Büchern suchen, ob ich etwas darüber finde. Vorläufig kann ich bloß das Fortschreiten aufhalten und hoffen, dass ich rechtzeitig ein Gegengift herstellen kann.« Sie bewegte ihre Handflächen über die Körper der Mädchen und ließ dabei ihre heilende Energie fließen. Sobald der silbrige Strahl aus ihren Händen ihre Körper berührte, stieg eine Wolke aus ätzendem dunkelvioletten Dampf auf, der in den Lungen brannte und die Augen tränen ließ.

   »Was zum Henker ist das?« Nimaelee hustete und versuchte, mit einem Arm ihre bereits geröteten Augen zu schützen.

   »Verdampfendes, extrem aggressives Spinnengift«, erklärte Lestre nach einem kurzen Hustenanfall. Er lief zum Fenster und riss es weit auf, um frische Luft in den Raum zu lassen.

   Als die Schwaden, die aus den Körpern der Mädchen entwichen, ihre Farbe von dunkel- zu hellviolett veränderte, senkte Cithana die zitternden Hände. »Mehr kann ich im Moment nicht tun, sonst sind wir am Ende alle vergiftet. Die Mädchen müssen sofort auf die Krankenstation. Kymetos, können du und Nimaelee das bitte erledigen? Bringt sie in den hintersten Raum und bleibt dann bei ihnen. Ich komme sofort nach.«

   Nachdem die beiden Magier mit Leeza und Jizahan verschwunden waren, wandte sie sich an Lestre: »Ich werde Jizahan ohne die Hilfe eines Erdmagiers nicht heilen können. Die Vergiftung ist bei ihr schon stark fortgeschritten und weil sie eine Mischmagierin ist, reagiert sie auf meine Heilkräfte nicht so gut. Du musst mir den besten Erdheiler besorgen, den du kriegen kannst, und zwar schnell. Ich weiß nicht, wie lange ich Jizahans Zustand stabilisieren kann.«

   »Du bekommst den allerbesten Heiler, versprochen. Ach ja, und kein Wort zu niemandem über diese ganze Sache. Sie darf nicht bekannt werden.«

   Sie sah den Großmagier erstaunt an, ehe sie sagte: »Von mir wird niemand etwas darüber erfahren.«

   »Gut, kümmere du dich jetzt um die Heilung der Mädchen, während ich den besten Erdheiler hole, den es gibt.«

   »Beeil dich, Jizahan hat nicht mehr viel Zeit«, mahnte Cithana noch und verschwand dann.

   Als sie weg war, seufzte er tief auf. Es war ihm zwar klar gewesen, dass die Mädchen auf ihrer Mission eventuell verletzt werden könnten, aber mit so etwas hatte er nicht gerechnet. Diese sehr spezielle Art der Verletzung war ein echtes Problem, denn es gab keine plausible Erklärung dafür. Und dadurch, dass Cithana einen Erdheiler brauchte, musste er den Großmagier Deamyn miteinbeziehen. Nicht, dass er dem greisen Erdmagier misstraute, aber je weniger Leute involviert waren, desto besser. Außerdem würde der Erdheiler gewiss Fragen stellen, die er ihm nicht beantworten konnte. Diese ganze Sache verkomplizierte sich viel schneller, als er gedacht hatte. Er überlegte noch einen Moment lang, was genau er Deamyn sagen wollte und teleportierte sich dann in die Schule der Erdmagier.

   Als Cithana auf der Krankenstation erschien, stürzte Kymetos auf sie zu. »Jizahan konnte vorher kaum mehr atmen. Nimaelee und ich haben Heilmagie eingesetzt, um ihre Beschwerden zu lindern, aber wir stoßen hier eindeutig an unsere Grenzen. Du musst schnell etwas gegen das Fortschreiten der Vergiftung unternehmen.«

   Cithana hastete zu Jizahan und fühlte ihren Puls, der unter ihren Fingern nur noch schwach flatterte. Sie schüttelte besorgt den Kopf, hob sanft die Augenlider des Mädchens an und keuchte erschrocken auf, als sie die Veränderung sah. Ihre smaragdgrünen Augen hatten sich dunkelviolett verfärbt und die Pupillen waren nicht mehr schwarz, sondern silbrig grau.

   »Was ist los? Hat sich ihr Zustand verschlimmert?« Kymetos sah die Heilerin besorgt an.

   Cithana ignorierte seine Frage, rannte zu einem der vielen Bücherregale und suchte hektisch nach einem Buch. Als sie es endlich gefunden hatte, legte sie es vorsichtig auf einen kleinen Tisch und fixierte es mit stechendem Blick.

   Nimaelee trat näher an das Tischchen heran, um das Buch genauer zu betrachten Es war mindestens zehn Zentimeter dick und schien sehr alt zu sein. Der dunkelbraune Ledereinband war abgenutzt und voll seltsamer Zeichen und Symbole, die für die junge Magierin keinen Sinn ergaben. Cithana starrte das Buch weiterhin konzentriert an, berührte es aber nicht. Nimaelee fragte sich, worauf die Heilerin wohl wartete.

   Nach etwa einer halben Minute tippte Cithana mit ihrem linken Zeigefinger fordernd auf den Buchdeckel und sagte: »Averes!« Das Buch erzitterte, hob sich ein wenig von der Tischplatte ab und schwebte einen Moment lang in der Luft, bevor es mit einem Knall wieder auf den Tisch fiel. Sie zog genervt die Augenbrauen hoch. »Du machst jetzt tatsächlich auf schwierig? Dafür habe ich keine Zeit. Also noch mal und diesmal wirst du dich gefälligst öffnen!« Die Magierin wiederholte den Vorgang etwas energischer als vorher und nun klappte es. Das Buch zierte sich zwar noch ein bisschen und drehte sich ein paar Mal, aber dann lag es endlich still und öffnete sich. »Na also, geht doch. Wieso muss ich jedes Mal laut werden, wenn ich etwas von euch alten Büchern will?« Cithana blätterte gezielt einige Seiten ziemlich hinten im Buch um und schimpfte, als sie nicht fündig wurde: »Ist das jetzt dein Ernst? Du hast wieder mal die Seiten ausgetauscht? Das findest du wohl witzig, aber ich sagte bereits, ich habe keine Zeit für diese Spielchen. Du weißt, es geht auch anders, ich kann dich zwingen, mich finden zu lassen, wonach ich suche.«

   Sie schlug das widerspenstige Buch in der Mitte auf, ging zu Jizahan, drückte aus einer der Bisswunden etwas des vergifteten Blutes des Mädchens heraus und berührte es mit den Fingerspitzen. Dann eilte sie zum Tisch zurück und verrieb das Blut in ihren Handflächen. »So, das sollte genügen, um dich willig zu machen.« Sie hielt ihre Hände über das offene Buch und wartete, bis violetter Dampf aus ihren Handflächen austrat und sich über die Buchseiten verteilte. Dann befahl sie: »Invetio!«

   Kaum hatte sie das Wort ausgesprochen, begannen sich die Buchseiten von selbst umzublättern. Das Buch wehrte sich noch ein bisschen und versuchte immer wieder, sich zu schließen, aber Cithanas Magie war zu stark. Nach einer Weile gab es den Widerstand auf und blätterte auf die Seite, die die Heilerin finden wollte. »Siehst du? Ich sagte doch, du wirst mir am Ende schon zeigen, was ich finden will. Das ganze Theater war eine absolut unnötige Zeitverschwendung.« Sie überflog die beiden Seiten und nickte zufrieden. »Ich wusste doch, dass es ein Heilmittel für das Gift der Bechets Pantrux gibt.« Sie dreht sich um und wandte sich an Nimaelee: »Ich brauche je zwei Bund Goldflügel, Nachtwasserfarn und Wechselkraut, und zwar sofort. Du weißt, wo im Kräutergarten du danach suchen musst, oder?«

   Nimaelee sparte sich die Zeit für eine Antwort und verschwand augenblicklich.

   »Ich brauche außerdem noch Schattenlichtpilze, Kymetos. Mindestens drei Stück. Beeil dich.«

   »Diese Pilze wachsen nur in den Moorebenen von Khilonosh, also wird es eine Weile dauern. Sorg dafür, dass die Mädchen durch-halten, ich bin schon unterwegs.«

   Nachdem auch Kymetos den Raum verlassen hatte, wandte sich die Heilerin Leeza zu. Sie fühlte ihren Puls, hob ein Augenlid an und atmete erleichtert auf, als sie sah, dass sich die Augen des Mädchens nur leicht verändert hatten. Die goldenen Sprenkel in den braunen Augen hatten erst einen leichten Stich ins Violette angenommen und die Pupillen waren zwar vergrößert, aber wenigstens immer noch schwarz. »Zum Glück ist es bei dir weniger schlimm, Leeza. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich zumindest dich heilen kann, sobald ich alles Nötige beisammen habe. Halte also bloß durch.« Sie drehte sich zum Bett von Jizahan und seufzte tief auf, als sie bemerkte, dass sich die Haut des Mädchens leicht bläulich verfärbt hatte. »Das schreitet bei dir unglaublich schnell voran. Wo seid ihr da nur reinge-raten?« Die Magierin ging zu einem unscheinbaren Schrank in einer Ecke des Raums, öffnete ihn und betrachtete die vielen Fläschchen darin nachdenklich. In einem von ihnen musste doch etwas sein, das sie benutzen konnte, um das Fortschreiten der Vergiftung zu stoppen. Schließlich nahm sie einen schlanken Glasbehälter mit einer milchig-orange gefärbten Flüssigkeit heraus. Sie schüttelte ihn und beobachtete die Bewegung der trägen Substanz genau. Sollte sie es wirklich damit probieren? Dieses Gegengift war sehr alt. Es war nur wenig davon übrig und sie war sich nicht sicher, ob es gegen das Spinnengift half. Sollte sie auf gut Glück den letzten Rest des wertvollen Heilmittels benutzen? Fraglich, ob sie es jemals wieder herstellen konnte; viele der Zutaten waren heute, wenn überhaupt, nur noch schwer zu finden. Sie drehte sich um, betrachtete die Mädchen, die reglos auf den Betten lagen und schüttelte den Kopf, zornig über sich selbst. Wie konnte sie nur zögern? Auf Jizahans Gesicht hatten sich erste violette Bläschen gebildet und ihr Körper bebte im Schüttelfrost. Sie würde sterben, wenn Cithana nicht sofort etwas unternahm. Entschieden zog sie den Stöpsel aus dem Glasfläschchen und träufelte langsam etwa drei Viertel des Inhalts in Jizahans Mund. Bis auf einige Tropfen opferte sie den Rest der Flüssigkeit nach kurzem Überlegen für Leeza. Jetzt hieß es abwarten und hoffen, dass das Mittel Wirkung zeigen würde. 

 

 

 

2. Kapitel

 

 

 

Auf einer abgelegenen, windigen Hochebene in den Bergen von Mequyron starrte Cherus mit steinernem Gesichtsausdruck auf die vielen toten Dunkelmagier. Sein Berater und enger Vertrauter Tynos stand schweigend neben ihm und bedachte die wenigen Überlebenden, die zwischen den Toten saßen, mit einem warnenden Blick. Er kannte Cherus lange genug und wusste, die Konsequenzen für ein falsches Wort oder auch nur eine Geste wären jetzt katastrophal. Der Großmagier war zornig. In seinen Augen hatte der Suchtrupp versagt und das war für ihn Grund genug, sie alle auf der Stelle zu töten.

   Nach einer Weile wandte sich Cherus den Überlebenden zu. »Wer von euch möchte mir dieses Desaster erklären?«, fragte er mit schneidender Stimme und wartete einen Moment. Als keine Antwort kam, zog er zischend Luft ein, ließ in seiner Hand einen Todesball entstehen und feuerte ihn kurzerhand auf den ihm am nächsten sitzenden Dunkelmagier ab. Die anderen zuckten erschrocken zusammen und wichen zur Seite, als der tote Körper des Getroffenen zu Boden kippte. »Nun? Ich warte genau dreißig Sekunden, dann stirbt der Nächste.« Er bereitete einen weiteren Todesball vor und spielte ungeduldig damit.

   Nun stand einer der Magier auf und erklärte nach mehrmaligem Räuspern: »Es waren Lichtmagier unter der Führung ihres Groß-magiers Lestre. Sie haben uns hinterhältig angegriffen, während wir am Suchen waren. Wir kämpften, so gut wir konnten, aber es waren einfach zu viele. Es tut uns sehr leid und wir akzeptieren jede Strafe, die Ihr für angemessen haltet.« Der Mann warf Tynos einen um Hilfe flehenden Blick zu.

   Tynos schüttelte sich innerlich, als er kurz daran dachte, welche Strafe Cherus wohl angemessen finden würde. Der Großmagier hasste es, wenn seine Leute versagten, und war dann noch Lestre im Spiel, wuchs sein Zorn ins Unermessliche. Er würde diese armen Teufel leiden lassen, da war Tynos sich absolut sicher. Nur gab es nichts, was er im Moment für sie tun konnte.

   Cherus musterte den vor Angst zitternden Magier einen Moment. »Wenigstens einer, der Mut hat. Wer weiß, vielleicht werde ich bei dir Gnade walten lassen, wenn es um die Bestrafung geht. Aber jetzt sag mir, wie viele sind denn bei euch ›zu viele‹? Zwanzig? Hundert?«

   Der Magier würgte leicht und flüsterte dann: »Mit Lestre waren es fünf. Sie waren gut ausgebildete Kämpfer und einer von ihnen schoss mit einem magischen Bogen. Gegen die brennenden Lichtpfeile waren wir absolut machtlos. Wir taten wirklich, was wir konnten, aber …« Er brach unsicher ab und wagte es nicht, den Blick zu heben.

   »Fünf? Wie groß war euer Trupp noch mal? Ungefähr dreißig Magier stark?« Die hellgrauen Augen des Großmagiers fixierten den Sprecher der Gruppe mit eisigem Blick. Als der nicht zu antworten wagte, sondern nur verängstigt nickte, lachte Cherus höhnisch auf. »Oh ja klar, ihr wart absolut unterlegen. Gegen diese Übermacht von Lichtmagiern konntet ihr ja keine Chance haben, nicht wahr?« Bebend vor Zorn wandte er sich Tynos zu. »Haben sie wenigstens etwas Nützliches gefunden? Partikel des zerstörten Portals? Restmagie, die erkennen ließe, wer für die Zerstörung des Portals verantwortlich war? Irgendetwas?«

   »Leider nicht, Cherus. Sie hatten anscheinend die Umgebung schon weiträumig abgesucht, bevor sie angegriffen wurden. Es gab weder Partikel noch sonst etwas, was uns weiterhelfen würde.« Tynos Stimme war ruhig und seine dunkelbraunen Augen erwiderten den stechenden Blick des Großmagiers gelassen. Äußerlich war nichts davon zu merken, wie besorgt er war. Er kannte Cherus gut genug, um zu wissen, er würde diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen. Was hatte sich Lestre nur dabei gedacht, die Dunkelmagier derart aggressiv anzugreifen? Ihm musste doch klar gewesen sein, dass er ihn, seinen Verbündeten, damit in eine unmögliche Lage brachte.

   »Das ist eine unsägliche Blamage! Meine Truppe vernichtend geschlagen und zudem kein Erfolg bei der Suche. Wenn die Lichtmagier denken, ich nehme das einfach so hin, haben sie sich geschnitten.«

   Tynos überlegte kurz, wie er den Anführer der Dunkelmagier wenigstens ein bisschen beruhigen konnte, ehe er sagte: »Du hast absolut recht, Cherus. Das Ganze war eine unglaubliche Provokation und wir müssen darauf reagieren, wenn wir uns nicht lächerlich machen wollen. Aber zuerst gilt es, andere Entscheidungen zu treffen. Was soll mit den Toten des Suchtrupps geschehen? Sollen wir sie beerdigen?«

   »Nein!« Cherus’ Antwort kam so schnell und scharf, dass die Magier des Trupps erschrocken zusammenzuckten. »Das wäre zu gut für sie. Sie haben versagt und mich bis auf die Knochen blamiert! Verbrennt sie hier.« Angewidert blickte er die Überlebenden an, die zitternd auf ihre Strafe warteten. »Und die hier gleich mit. Sie sollen brennen, dann verstehen sie vielleicht annähernd, welche Qualen mir ihr Versagen bereitet!« Er drehte sich von den Magiern weg, die entsetzt aufgeschrien hatten, und wandte sich völlig ungerührt an Tynos. »Du bist dafür verantwortlich, dass sie brennen. Mach es schön langsam, damit sie möglichst lange leiden. Ich will ihre Schreie hören. Und ich will, dass nichts als Asche übrig bleibt. Die kann dann von den lebenden Familienmitgliedern dieser Versager in den Mooren von Khilonosh verteilt werden. Aber lass sie erst noch ein bisschen über ihre Fehler nachdenken. Sperr sie mit den Toten zusammen in einen magischen Käfig.« Er wartete die Antwort von Tynos nicht ab, sondern verschwand, ohne die zum Tode Verurteilten noch eines Blickes zu würdigen.

   Sobald Cherus weg war, rannte der Sprecher der Magier zu Tynos und warf sich vor ihm auf die Knie. »Das könnt Ihr nicht tun, Tynos. Verschont doch wenigstens diejenigen, die Kinder haben. Ich bitte Euch.«

   Tynos schüttelte bedauernd den Kopf. »Ihr wisst, dass ich nichts tun kann. Wenn ich auch nur einen von euch verschone, wird es Cherus merken und dann wird seine Wut grenzenlos sein. Er wird die Familie desjenigen ausrotten, und zwar vollständig, bis zum entferntesten Verwandten, den er finden kann. Geh jetzt zurück zu den anderen, damit ich den Käfig errichten kann.«

   Der Mann erhob sich zitternd und ging dann mit schleppenden Schritten gehorsam zurück zu den anderen Magiern. Tynos betrachtete die Männer und Frauen, die starr vor Angst auf dem Boden hockten, die Augen vor Entsetzen geweitet. Die meisten von ihnen kannte er, ja, einige von ihnen hatte er sogar eine Zeit lang unterrichtet und jetzt sollte er sie töten, nur weil sie bei einer Aufgabe versagt hatten. Cherus war zwar schon immer ungeduldig und unbarmherzig gewesen, aber diese neue Art von Grausamkeit machte Tynos Sorgen. Es musste ihm unbedingt gelingen, Cherus’ Entscheidungen mehr zu beeinflussen, sonst würde alles aus dem Ruder laufen. Und er musste sich so schnell wie möglich mit Lestre treffen, um die neuste Entwicklung in Cherus’ Verhalten zu besprechen. Mit einem tiefen Seufzer hob er die Arme und ließ einen magischen Käfig entstehen, in dem die Verurteilten auf ihre Hinrichtung warten sollten.

   Während der ganzen Zeit hatte niemand auch nur ein Wort gesagt, jetzt aber sprach eine ältere Magierin Tynos an. »Mir ist klar, dass Ihr nichts gegen diesen Urteilsspruch tun könnt. Ich bitte Euch, sorgt dafür, dass er unsere Familien verschont. Lasst nicht zu, dass er unsere Kinder, Geschwister oder Eltern tötet, nur weil wir versagt haben.«

   Er blickte sie ernst an. »Das werde ich. Ich gebe euch allen mein Wort, euren Familien wird kein Haar gekrümmt. Ich wünschte, ich könnte auch etwas für euch tun, denn im Gegensatz zu unserem Großmagier finde ich nicht, dass ihr den Tod verdient habt. Es tut mir sehr leid.« Er wandte sich ab, drehte sich nach kurzem Zögern nochmals um und versah die magischen Gitterstäbe mit einer zu-sätzlichen Schicht aus dunkler Energie. Dann trat er näher an den Käfig heran und sagte beiläufig zu den Gefangenen: »Eventuell war ich beim Aufbau eben unaufmerksam und habe es versehentlich mit zu viel Energie versehen. Es könnte durchaus sein, dass eine unbeabsichtigte Berührung des Gitters euch sofort töten würde. Falls ihr also einen schnellen Tod nicht dem qualvollen vorzieht, solltet ihr die Gitterstäbe nicht berühren.«

   Ohne auf eine Reaktion der Gefangenen zu warten, teleportierte er sich zurück in sein Büro in der Burg der Dunkelmagier, wo er sich an den Schreibtisch setzte und das Gesicht in den Händen vergrub. In seinem Kopf hämmerte es und er spürte, wie Übelkeit in ihm hochkroch. Er hatte alles getan, was möglich gewesen war, ohne seine Mission zu gefährden, dennoch fühlte er sich schuldig. Wenn sie nur zuerst zu ihm gekommen wären, nachdem Lestre sie zurückgeschickt hatte. Die Katastrophe wäre durch ihn zu verhindern gewesen, hätte er vor Cherus davon erfahren. Dummerweise waren die verletzten Magier aber direkt in die Krankenstation gegangen, der Großmagier war sofort darüber informiert worden und damit war ihr Schicksal besiegelt gewesen. Sie waren zwar noch geheilt worden, aber kurz darauf hatte Cherus sie alle auf die Hochebene in den Bergen von Mequyron beordert, wo sie jetzt sterben sollten.

   Er stand auf, nahm einige Schlucke aus der Wasserflasche auf seinem Schreibtisch, um die Übelkeit zu vertreiben, und öffnete das Fenster. Automatisch wanderte sein Blick nach oben, um die Wetterlage zu prüfen. Alles wirkte normal, die Sonne schien am wolken-losen Himmel. Vor Kurzem gab es eine seltsame Wetterverschiebung, deren Ausgangspunkt sich ebenfalls in den Bergen von Mequyron befunden hatte. Ein für die Jahreszeit völlig unübliches Gewitter war aufgezogen und hatte sich in einem gewaltigen Blitz entladen. Solche Wetterverschiebungen geschahen nie von allein und ein derartiger Eingriff ins Weltenwetter wurde als grober Regelverstoß streng bestraft. Da gleichzeitig mit dem Blitz eine große Menge dunkler Energie freigesetzt worden war, würde es nicht mehr lange dauern, bis die Hüter des Weltenwetters bei ihnen an anklopften, um nach dem Schuldigen zu suchen. Cherus hatte getobt, als er davon erfahren hatte. Er war beinahe so wütend gewesen wie vor ein paar Tagen, als das Portal der Prophezeiung zerstört worden war.

   Tynos fuhr sich frustriert durch seine kurzen schwarzen Locken. Er hatte ja von Anfang an geahnt, dass die Sache schwierig sein werde, aber dass es so schnell dermaßen kompliziert geworden war, damit hatte er nicht gerechnet. Wie sollte er das nur auf die Reihe kriegen? Wenn er mit Lestre sprach, schien alles immer ganz einfach zu sein. Die Umsetzung in der Praxis gestaltete sich dann aber als extrem aufreibend. Bis heute hatte er es nicht geschafft, mehr Informationen aus Cherus herauszuholen. Weder darüber, ob er wusste, wer Kymetos in Wirklichkeit war, noch über den Angriff gegen sie. Cherus hatte jeden Gesprächsversuch sofort abgeblockt und Tynos konnte nicht auf dem Thema beharren, ohne dass es verdächtig gewirkt hätte. Er rieb sich die pochenden Schläfen und versuchte zu entscheiden, was sein nächster Schritt sein sollte, aber bevor er einen Entschluss fassen konnte, klopfte es und der Kommandant der Torwächter trat in sein Büro.

   Der große, kräftige Mann schien abnormal beunruhigt. »Es tut mir leid, Euch stören zu müssen, Tynos, aber wir haben ein Problem am Haupttor. Zwei Hüter des Weltenwetters sind eben angekommen und verlangen unverzüglich, den Großmagier zu sprechen.« Der Magier zögerte kurz und fuhr dann fort: »Wir dachten uns, es wäre besser, wenn Ihr Cherus darüber informieren würdet. Ihr habt eher eine Chance, das zu überleben, als einer von uns.«

   Tynos lachte trocken auf. »Ich habe eher eine Chance? Wie großzügig von euch, es mich versuchen zu lassen.«

   Der Torwächter sah ihn bittend an. »Ihr wisst, dass wir recht haben, Herr. Cherus ist jetzt schon überaus schlecht gelaunt, wenn da noch einer von uns Wächtern mit einer solchen Nachricht kommt …«, er brach unsicher ab.

   »Ja, ja, schon klar. Cherus würde den unglücklichen Überbringer sofort töten. Aber wieso habt ihr dabei ausgerechnet an mich gedacht? Der Großmagier hat noch andere Berater und Vertraute. Weshalb muss unbedingt ich es sein?«

   »Na ja, wir haben zuerst die anderen gefragt, aber alle haben abgelehnt, uns zu helfen. Sie meinten, das sei unsere Aufgabe und wenn wir bei der Pflichtausübung sterben, sei das eine Ehre.« Der Blick des Magiers flackerte nervös und Tynos konnte die Angst des Mannes spüren.

   »Schon gut, ich erledige das für euch. Ich brauche aber einen Moment, um Cherus vorzubereiten. Lasst die Wetterhüter in der Zwischenzeit eintreten und führt sie in den Audienzraum. Ich verlasse mich darauf, dass ihr sie mit dem ihnen gebührenden Respekt behandelt.«

   Der Wächter atmete erleichtert auf. »Ich danke Euch, Herr. Wir werden die Hüter entsprechend ihrem Rang empfangen.«

   Diese Angelegenheit duldete keinen Aufschub, das war ihm klar, trotzdem überlegte er kurz, wie er die Situation am besten anpacken sollte. Wenn er Cherus nicht davon überzeugen konnte, die Wetterhüter in Frieden zu lassen, würde das zu einem riesigen Problem ausarten. Er seufzte tief auf und machte sich auf zum Büro des Großmagiers. Dort angekommen, atmete er erneut tief durch und klopfte dann höflich.

   Die Tür schwang augenblicklich auf und Cherus schnaubte ungehalten: »Was ist los? Warum störst du mich?«

   Tynos neigte um Verzeihung heischend den Kopf. »Es gibt ein Problem. Zwei Hüter des Weltenwetters sind angekommen, und wünschen dich unverzüglich zu sprechen.«

   »Sie sind also tatsächlich gekommen. Sie erlauben sich allen Ernstes, mich zu beschuldigen? Ich werde sie umbringen, alle beide!« Cherus Stimme bebte vor Zorn.

   »Keiner wird hier umgebracht. Du weißt genau, das darfst du nicht. Die Hüter des Weltenwetters sind tabu. Und es gibt keinen Grund, sie zu töten. Dich beschuldigt niemand. Es ist ihre Aufgabe, solche Verstöße zu ahnden, und es geht ihnen vorerst bestimmt nur darum, die Vorgänge zu klären. Lass uns erst einmal hören, was sie zu sagen haben.« Tynos sah den Großmagier bestimmt an. Obwohl es nicht ungefährlich war, hatte er beschlossen, Cherus gegenüber energisch aufzutreten. Dieses Vorgehen hatte sich schon oft als klug erwiesen und er hoffte inständig, es würde auch jetzt funktionieren. Anscheinend schien seine Rechnung aufzugehen, denn nach kurzem Zögern erhob sich Cherus missmutig.

   »Na gut. Dann wollen wir mal sehen, was sie mir zu sagen haben.«

   Gemeinsam verließen sie das Büro und gingen in Richtung Audienzraum. Natürlich hätten sie sich auch dorthin teleportieren können, aber einfach so dort aufzutauchen, wäre eine grobe Verletzung der Höflichkeitsregeln gegenüber den Wetterhütern gewesen. Tynos hatte eigentlich befürchtet, Cherus würde auf jede Höflichkeit pfeifen, und dass er das nicht tat, wertete er als gutes Zeichen. Offensichtlich war es ihm vorerst gelungen, den Großmagier halbwegs zu besänftigen.

   Mit einem Handschlenker stieß Cherus die Türflügel auf und marschierte in den Audienzraum. Da Tynos wusste, er würde sich nicht mit Höflichkeitsfloskeln aufhalten, eilte er an ihm vorbei und übernahm die Begrüßung.

   »Willkommen in der Burg der Dunkelmagier. Verzeihen Sie bitte, dass wir Sie haben warten lassen.«

   Die Wetterhüter nickten Tynos kurz zu und dann wandte sich einer von ihnen an Cherus. »Verzeihen Sie unser Eindringen, aber es gab eine grobe Regelverletzung in den Bergen von Mequyron, die wir besprechen müssen.«

   Der schüttelte abweisend den Kopf und antwortete mühsam beherrscht: »Wir haben absolut nichts mit diesem Vorfall zu tun. Statt Ihre Zeit mit uns zu verschwenden, sollten Sie lieber am richtigen Ort Ihre Fragen stellen. Außerdem hätte ich von Ihnen erwartet, dass Sie die Höflichkeitsformen kennen, die wir Dunkelmagier befolgen und den Anstand haben, sie auch zu benutzen.«

   Die Männer sahen sich vielsagend an. »Nun, wir denken, wir sind genau am richtigen Ort für unsere Fragen. Mequyron liegt im Gebiet der Dunkelmagier und der Verstoß wurde mit dunkler Feuermagie begangen. Was den Anstand betrifft, sind Ihre altertümlichen Umgangsformen allein Ihre Sache und interessieren uns nicht.«

   Tynos sah das Zornesäderchen auf Cherus’ Stirn anschwellen und ergriff schnell das Wort, um ihn von einer unbedachten Antwort abzuhalten. »Wir sind uns dessen durchaus bewusst, aber Sie sollten in Betracht ziehen, dass bei diesem Vorfall einige unserer Magier umgekommen sind. Das weist unserer Meinung nach eindeutig auf einen anderen Urheber als uns hin. Es gibt dunkle Feuermagier, die nicht mit uns verbündet sind.« Auf den von Cherus bemängelten Anstand ging er absichtlich nicht ein und hoffte, der Großmagier würde es ebenfalls auf sich beruhen lassen.

   »Natürlich, das haben wir bei unseren Überlegungen durchaus berücksichtigt. Wenn man aber in Betracht zieht, welch gewaltige Energien freigesetzt wurden, ist es absolut unwahrscheinlich, dass es nicht jemand aus euren Reihen war.«

   Jetzt konnte sich Cherus nicht mehr beherrschen und schrie wütend: »Aus unseren Reihen? Wir bringen doch nicht einfach unsere eigenen Leute um, wenn es nicht unbedingt sein muss! Die Lichtmagier, die müsst ihr euch ansehen! Sie sind in unser Gebiet ein-gedrungen, haben den Regelverstoß begangen und schieben uns die ganze Sache in die Schuhe! Das kann doch ein Blinder sehen, ihr hirnverbrannten Idioten!«

   Tynos seufzte innerlich auf. Wieso nur konnte Cherus sich nicht wenigstens einmal beherrschen?

   Er lächelte die völlig konsternierten Wetterhüter entschuldigend an. »Verzeihen Sie bitte die unbedachte Wortwahl meines Herrn. Die Gebietsverletzung an sich hat ihn schon sehr erbost und dann auch noch unbegründete Vorwürfe anhören zu müssen, ließ ihn die Beherrschung verlieren. Es war nicht seine Absicht, jemanden zu beleidigen. Nicht wahr, Cherus?« Er warf dem Großmagier einen beschwörenden Blick zu.

   Trotz seines Zorns hatte Cherus gemerkt, dass er zu weit gegangen war. Er brachte alle Beherrschung auf, die er noch übrig hatte und presste eine Entschuldigung heraus. »Natürlich nicht. Ich entschuldige mich für meinen rüden Ton und die in der Hitze des Zorns ausgesprochene Beleidigung.«

   Da Tynos genau wusste, welche Überwindung das für Cherus gewesen war, ergriff er schnell wieder das Wort. »Da dies jetzt geklärt ist, sollten wir uns dem Grund Ihres Kommens zuwenden. Wie mein Großmagier bereits sagte, sind wir nicht für die Regelverletzung verantwortlich, obwohl uns durchaus bewusst ist, dass starke Dunkelmagie angewendet worden ist.«

   Die Wetterhüter schüttelten gleichzeitig den Kopf und einer von ihnen erwiderte geduldig: »Ihr wollt eure Magier schützen, das ist verständlich, aber es wurde sehr starke Dunkelmagie, vermischt mit Feuermagie, benutzt. Wer außer euren Magiern hier wäre dazu bitteschön in der Lage?«

   Cherus schnaufte wütend, hatte sich dennoch genug in der Hand, dass ihm ein gemäßigter Tonfall gelang. »Ich sagte doch bereits, dass ihr euch die Lichtmagier ansehen solltet. Dort ist der Schuldige zu suchen.«

   »Vorsicht mit solch vorschnellen Beschuldigungen, Cherus. Es ist ja wohl auch Ihnen klar, dass Lichtmagier keine Dunkelmagie benutzen können, und es schon deshalb völlig unsinnig, geradezu lächerlich ist, sie als Urheber des Regelverstoßes anzuklagen.«

   Tynos bemerkte, dass Cherus Zornesader unterdessen dick angeschwollen war, und versuchte erneut, die Situation zu beruhigen. »Natürlich ist das meinem Großmagier klar, geschätzte Herren. Er wollte nur darauf aufmerksam machen, dass die Lichtmagier eventuell ihre Finger im Spiel haben könnten. Vielleicht haben sie einen Feuermagier dazu benutzt, der die Dunkelmagie beherrscht? Sie sollten diese Möglichkeit wenigstens in Betracht ziehen. Waren Sie denn in der Angelegenheit schon bei der Großmagierin des Feuers?«

   Die beiden Männer warfen sich einen kurzen Blick zu, dann erwiderte einer von ihnen: »Nein, noch nicht. Aber keine Angst, wir werden weitere Abklärungen vornehmen, bevor wir die Strafe festlegen. Allerdings muss ich gleich sagen, unser Hauptfokus liegt hier. Wir werden uns deshalb vorbehalten, eine Befragung Ihrer Magier vorzunehmen. Bitte händigen Sie uns eine Liste mit den Namen der Magier aus, die mächtig genug wären, so etwas auszulösen.«

   Tynos warf Cherus einen warnenden Blick zu und nickte höflich. »Aber natürlich. Wir sind genauso interessiert daran, die Sache aufzuklären wie Sie. Ich werde die Namen zusammenstellen und Ihnen die Liste zukommen lassen. Können wir sonst noch etwas für Sie tun?«

   Der Wetterhüter, der bisher nur schweigend zugehört hatte, lächelte kühl. »Im Moment nicht. Wir erwarten die Liste bis spätestens morgen Abend. Falls wir sie bis dann nicht haben sollten, werden wir das als unkooperatives Verhalten betrachten und eine entsprechende Strafe aussprechen.«

   Da das Gespräch hiermit beendet war, winkte Tynos den Burgwachen an der Tür, die Hüter des Weltenwetters hinaus zu geleiten. Die Etikette hätte verlangt, dass er selbst sie zum Ausgang begleitete, aber nach einem Blick auf Cherus’ Gesichtsausdruck entschied er sich dagegen. Die beiden Männer sahen ihn ob der Unhöflichkeit konsterniert an, sagten aber nichts und verließen den Audienzsaal.

   Sobald die Tür sich hinter ihnen geschlossen hatte, war es um Cherus Selbstbeherrschung geschehen. »Was fällt diesen stupiden Wetteridioten eigentlich ein? Haben die doch tatsächlich den Nerv, hierherzukommen und mich zu beschuldigen! Mich! Den Großmagier aller Dunkelmagier! Ich sollte sie einfach umbringen! Ja, genau das werde ich tun! Sobald sie die Burg verlassen haben, werde ich sie töten! Dann haben sie wenigstens einen Grund für ihre Anschuldigungen!« Er drehte sich um und stapfte wütend auf die Tür zu.

   Tynos setzte ihm nach und hielt ihn am Arm fest. »Nein! Hier wird niemand umgebracht!«

   Cherus schüttelte die Hand ungehalten ab. Aus seinen Augen sprühte eisiger Zorn. »Was fällt dir ein, mich zu bevormunden? Ich töte, wen immer wann immer ich will!«

   Tynos trat einen Schritt zurück und hob abwehrend die Hände. »Verzeih, ich wollte dich nicht bevormunden. Mir geht es nur darum, dich zu schützen. Die Hüter des Weltenwetters sind tabu, das haben wir vorher besprochen. Wenn du ihnen auch nur ein Haar krümmst, wird das als weltenübergreifender Zwischenfall betrachtet und mit der absoluten Höchststrafe geahndet. Willst du wirklich deiner Magie beraubt und auf ewig ins Nichts verbannt werden?«

   »Das würden sie nicht wagen! Niemals würden diese Wetteridioten es wagen, mich anzugreifen!«

   »Doch. Niemand ist für sie unantastbar. Sie würden dafür sorgen, dass du mit aller Härte bestraft wirst, und du weißt das. Es ist eines der ewigen Gesetze. Die Hüter des Weltenwetters dürfen auf keine Weise in ihrer Arbeit behindert, angegriffen oder gar getötet werden. Also bitte, lass sie in Ruhe.« Trotz des offenen Zorns, der ihm entgegenschlug, blieb Tynos’ Stimme ruhig und beherrscht.

   Cherus starrte seinen Berater noch einige Sekunden wütend an und gab dann nach. »Na gut, sollen diese Dummköpfe doch nachforschen. Wir werden kooperieren und sie werden sehen, dass wir nichts zu verbergen haben. Und wir betreiben gleichzeitig unsere eigenen Nachforschungen. Schick sofort einige Magier los, die alles noch mal untersuchen. Sorg auch dafür, dass die Feuermagier befragt werden. Wenn die Wetterhüter nicht herausfinden, wer der Schuldige ist, müssen wir das eben tun.«

   Tynos blies erleichtert die Luft aus. »Natürlich. Ich leite alles Nötige in die Wege. Möchtest du vielleicht zu Abend essen? Es ist schon spät.«

   »Nein, zuerst möchte ich mich entspannen. Ich denke, es ist Zeit für ein kleines Feuer. Ich will die Versager brennen sehen. Komm, leiste mir Gesellschaft, Tynos.«

   Bevor er etwas erwidern konnte, hatte Cherus sie beide teleportiert und sie standen auf dem Hochplateau, wo sie die zum Tode verurteilten Dunkelmagier zurückgelassen hatten. Es war totenstill. Nichts regte sich in dem magischen Käfig. Die Körper der Gefangenen lagen bewegungslos neben den Gitterstäben, offensichtlich hatten sie alle die Option genutzt, die ihnen Tynos angeboten hatte.

   »Was ist da los? Sind sie etwa alle tot? Wie konnte das geschehen, Tynos?« Fassungslos starrte der Großmagier auf die Leichen.

   Tynos schluckte die Übelkeit, die soeben in ihm aufstieg, hinunter und stammelte: »Ich, ich weiß es nicht, Cherus. Als ich sie verlassen habe, waren sie am Leben.«

   Cherus drehte sich zu seinem Berater um. »Du weißt es nicht? Ich erwarte innerhalb der nächsten zehn Sekunden eine einleuchtende Erklärung von dir, ansonsten werde ich dich an ihrer Stelle leiden lassen. Mein Geduldsfaden ist mittlerweile extrem dünn.«

   Tynos versuchte, dem grausamen Blick aus Cherus Augen standzuhalten, denn er wusste, Feigheit würde den Großmagier nur noch mehr erzürnen. »Ich weiß es wirklich nicht. Lass mir einen Moment Zeit, um das Gitter zu untersuchen.« Er wartete die Antwort nicht ab, sondern trat näher an den Käfig heran. Sobald seine Finger die Gitterstäbe berührten, gab es einen Knall, Tynos taumelte rückwärts und stürzte zu Boden. Nach einer Schrecksekunde rappelte er sich wieder auf, und senkte die Stimme zu einem beabsichtigten Flüstern, ohne den Blick vom Käfig abzuwenden: »Ich habe einen Fehler gemacht.«

   »Einen Fehler? Du hast einen Fehler gemacht? Sieh mich gefälligst an und erklär mir das!«

   Obwohl der Großmagier absolut beherrscht klang, lief Tynos ein eiskalter Schauer über den Rücken. Er hoffte, Cherus würde seine Taktik nicht durchschauen, und drehte sich um. Ein Blick in dessen vor Zorn glühende Augen reichte, um ihn augenblicklich auf die Knie zu zwingen.

   Er heuchelte Schuldgefühle und senkte den Kopf. »Ich … ich habe die Gitterstäbe versehentlich mit zu viel Energie aufgeladen. Die Gefangenen müssen nach einer Möglichkeit gesucht haben zu entkommen und als sie die Stäbe berührten, haben sie einen tödlichen Schlag gekriegt.«

   Cherus starrte seinen Berater einen Moment lang an und schleuderte ihn dann mit einer kleinen Handbewegung einige Meter fort. Tynos, der eine solche Reaktion erwartet hatte, rollte sich unauffällig ab und zog die Beine an, um den Energieball, den Cherus hinterher schleuderte, wenigstens ein bisschen abzublocken. Obwohl der Angriff nun nicht seinen ganzen Körper traf, war die Wucht unglaublich und schickte eine Welle brennenden Schmerzes durch Tynos’ Körper. Noch bevor die Wirkung des ersten Energieballs nachgelassen hatte, schickte Cherus einen zweiten und dann einen dritten hinterher. Tynos musste seine ganze Willenskraft aufbringen, um das Stöhnen zu unterdrücken, das ihm in der Kehle aufstieg. Sein Körper war nass von Schweiß und jede Faser in ihm glühte vor Schmerz. Zitternd erwartete er den nächsten Angriff, der auch sofort folgte. Diesmal in Form eines Todesballs, der ihn aber um wenige Millimeter verfehlte. Es dauerte einen Moment, bis sein von Pein benebeltes Gehirn begriff, dass Cherus ihn dieses Mal verschonen würde.

   »Komm hoch! Auf die Knie!« Die Stimme des Großmagiers war zwar immer noch heiser vor Wut, aber Tynos erkannte, das Schlimmste war im Augenblick vorbei. Da er wusste, wie sehr Cherus jedes Zeichen von Schwäche hasste, ignorierte er die brennenden Schmerzen und quälte sich mühsam auf die Knie.

   Mit gesenktem Blick flüsterte er: »Herr, ich verdiene deine Gnade nicht.«

   »Nein, tust du nicht. Ich gewähre sie dir trotzdem. Diesmal. Du bist mir bisher immer ein loyaler und guter Berater gewesen. Das ist heutzutage schwer zu finden. Aber lass dir das eine Lehre sein, Bruder. Wenn du mich ein weiteres Mal so enttäuschen solltest, wirst du um vieles mehr leiden als eben.« Cherus eisige Stimme drang wie durch Watte zu ihm durch.

   Er schwankte leicht und musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um nicht hinzufallen. »Ich danke dir für deine Güte, Bruder. Ich werde dich nie wieder enttäuschen, das schwöre ich.«

   Cherus nickte großzügig. »Nun gut, dann wäre das geklärt. Ich werde jetzt zu Abend essen. Heile deine Verletzungen und leiste mir dann Gesellschaft, Tynos. Ach ja, und sorg dafür, dass die Sauerei hier schleunigst aufgeräumt wird. Die Leichen sollen nicht beerdigt, sondern verbrannt werden. So, wie ich es ursprünglich wollte.« Der Großmagier verschwand, kaum dass er geendet hatte.

 

Kaum allein, ließ Tynos sich auf den Boden fallen und blieb eine Weile schwer atmend liegen. Er wartete, bis der schlimmste Schmerz verebbt war, und setzte sich dann langsam auf. Das war äußerst knapp gewesen. Cherus war zwar schon früher auf ihn wütend gewesen, aber die neue Art von total unbeherrschtem Zorn war beunruhigend. Es hatte Tynos seine ganze Selbstbeherrschung gekostet, die Demütigungen ohne Gegenwehr über sich ergehen zu lassen, aber dafür war er jetzt noch am Leben. Er musste unbedingt mit Lestre reden und ihm erklären, dass er keine solchen Aktionen mehr starten durfte, ohne ihn vorher darüber zu informieren. Und er musste ihn fragen, was genau in den Bergen von Mequyron vorgefallen war, denn das waren Lestre und Kymetos gewesen. Daran hatte er keinen Zweifel. Vermutlich hatte das etwas mit den Mädchen zu tun gehabt und er hoffte, dass die beiden Lichtmagier es geschafft hatten, sie in Sicherheit zu bringen.

   Nach einer kleinen Ruhepause stand er vorsichtig auf. Sein ganzer Körper glühte immer noch vor Schmerz, aber immerhin konnte er stehen. Er ging ein paar Schritte auf den magischen Käfig zu und betrachtete die toten Dunkelmagier.

   So eine furchtbare Verschwendung von Leben, nur weil Lestre ein Exempel statuieren wollte, und Cherus darüber erzürnt war. Er seufzte und ließ mit einer schmerzhaften Handbewegung, die ihm den Schweiß auf die Stirn trieb, die Gitterstäbe verschwinden. Danach wartete er einen Augenblick, um den Schmerz in den Armen und Händen vergehen zu lassen, erzeugte dann einen großen Feuerball und warf ihn zwischen in die Leichen.

   Er hatte sich bereits abgewendet, um Cherus’ Aufforderung nachzukommen und ihm Gesellschaft beim Abendessen zu leisten, als er es sich anders überlegte. Obwohl er das Risiko einging, den Großmagier erneut zu erzürnen, entschied er sich zu bleiben, bis das Feuer hinuntergebrannt war und so den Toten den gebührenden Respekt zu erweisen.

 

 

 

3. Kapitel

 

 

 

Kymetos hatte sich von der Krankenstation aus nicht direkt nach Khilonosh teleportiert, sondern zuerst noch einen Abstecher in seine Räumlichkeiten gemacht. Er wusste zwar, er musste sich beeilen, aber er konnte unmöglich allein durch die Moorebenen streifen, um Schattenlichtpilze zu finden. Das war viel zu gefährlich, denn Khilonosh war eine Hochburg der Dunkelmagier. Wenn er während seiner Suche keine Rückendeckung von einem geübten Kämpfer hatte, würde das ganz bestimmt tödlich für ihn enden.

   Es musste ihn also unbedingt jemand begleiten, doch wer?

   Syvenia? Sie sollte nach Lestre die erste Wahl sein, da sie grundsätzlich eine fähige Magierin war und über die ganze Sache Bescheid wusste, aber er vertraute nicht auf ihre Fähigkeiten in einem echten Kampf auf feindlichem Boden. Außerdem war er eventuell gezwungen, Dunkelmagie anzuwenden, und Syvenia durfte keinesfalls wissen, dass er dazu imstande war.

   Nimaelee wäre zwar perfekt gewesen, aber die war im Kräutergarten beschäftigt. Er kannte die Pflanzen gut genug, die sie für Cithana holen musste, und wusste, dass dies keine einfache Aufgabe war. Vor allem das Wechselkraut war schwierig zu finden, da es ständig sein Aussehen wechselte und sich unter dem Mantel anderer Pflanzen versteckte. Also, wen sollte er mitnehmen? Wer war gut genug, vertrauenswürdig und würde sich ohne große Erklärungen in eine solche Gefahr begeben? Nachdenklich kratzte er sich am Kopf und spürte dabei eine Beule, die er sich beim letzten Training mit Telis geholt hatte.

   Telis! Natürlich! Wieso war er nicht gleich auf ihn gekommen. Telis war loyal, ein hervorragender Kämpfer, und er hatte für sein Alter außerordentliche magische Fähigkeiten. Außerdem war er mit Leeza und Jizahan befreundet und würde ihnen bestimmt helfen wollen. Vermutlich war der Jungmagier irgendwo im Unterricht, aber das war egal. Er brauchte ihn jetzt sofort und deshalb holte er schnell die Stundenpläne der Schüler hervor und suchte nach seinem Namen. Ja, er hatte Un-terricht und das ausgerechnet bei Ferendos. Das war ärgerlich, denn der Lehrer war ohnehin äußerst misstrauisch und würde Fragen stellen, wenn Kymetos Telis aus dem Geschichts-unterricht holte. Na ja, das war jetzt nicht zu ändern. Er musste es so aussehen lassen, als wolle Lestre den Jungen sehen. Das würde Ferendos schlucken müssen, denn wenn der Großmagier einen Schüler sehen wollte, schlug man ihm das nicht ab.

   Er teleportierte sich hinüber zum Haupthaus direkt vor die Tür von Ferendos Klassenzimmer und klopfte ungeduldig. Es dauerte einen Moment, bis ein Schüler öffnete.

   »Entschuldigt bitte die Störung, aber Telis soll sich umgehend beim Schulleiter melden.«

   Der Bursche erhob sich sofort und zuckte ratlos mit den Schultern, als ihn die anderen Schüler fragend ansahen.

   »Was soll das denn? Wieso muss Telis mitten im Unterricht zu Lestre?« Ferendos musterte Kymetos misstrauisch.

   Der schüttelte genervt den Kopf. »Was weiß denn ich? Lestre ist mir auf dem Weg zu den Klassenzimmern begegnet und hat mich gebeten, Telis zu ihm zu schicken. Das habe ich freundlicherweise getan. Wenn du Genaueres darüber wissen willst, musst du schon den Schulleiter fragen.« Er wandte sich an Telis und winkte ihn zu sich. »Komm, du solltest Lestre nicht warten lassen.«

   Telis packte seine Sachen zusammen, trat zu Kymetos hinaus auf den Flur und schloss die Tür hinter sich. Er wirkte verunsichert. »Bin ich in Schwierigkeiten? Habe ich irgendetwas falsch gemacht?«

   Er zog den Jungen mit sich und flüsterte: »Nein, komm einfach mit.« Sie eilten den Flur entlang und sobald sie um eine Ecke gebogen waren, teleportierte Kymetos sie beide in seine Räumlichkeiten.

   Telis schaute sich irritiert um, aber bevor er etwas fragen konnte, erklärte Kymetos: »Ich brauche deine Hilfe und habe keine Zeit für lange Erklärungen. Ich muss in den Moorebenen von Khilonosh nach Schattenlichtpilzen suchen. Jizahan und Leeza wurden vergiftet und Cithana braucht die Pilze für ein Gegengift.«

   Der junge Magier keuchte erschrocken auf. »Die beiden wurden vergiftet? Wie denn? Wo? Ist es schlimm?«

   »Ich werde dir später alles erklären, aber jetzt muss ich wissen, ob du bereit bist, mir zu helfen.«

   »Selbstverständlich! Allerdings ist Khilonosh eine außerordentlich gefährliche Gegend. Bin ich denn gut genug für so eine Mission?«

   »Ja. Und jetzt sollten wir keine Zeit mehr verlieren. Lass dein Zeug einfach hier, du kannst es später holen.«

   Kaum hatte der Schüler alles fallengelassen, standen sie auch schon inmitten einiger abgestorbenen Bäumen auf der Moorebene von Khilonosh. Kaum wagten sie zu atmen und duckten sich tiefer zwischen die Schatten der Bäume. War es ihnen gelungen, unbemerkt zu bleiben?

   Als sich nichts rührte, flüsterte Kymetos: »Wir sind im westlichen Teil des Moors. Nicht allzu weit von hier müssten Schattenlichtpilze wachsen. Bleib hier und pass auf, ich sondiere schnell die Lage. Falls du einen Dunkelmagier siehst, musst du ihn sofort ausschalten, sonst schlägt er Alarm.«

   Telis fuhr sich unsicher durch das schwarze Haar. »Mit Ausschalten meinen Sie töten, richtig?«

   »Korrekt.« Kymetos schwarzbraune Augen fixierten den Jungmagier prüfend. »Ich weiß, dass du das noch nie machen musstest, aber wir dürfen hier keinerlei Risiko eingehen. Kann ich mich auf dich verlassen?«

   Der Magier wartete, bis Telis nickte, bewegte sich dann lautlos von ihm weg und war in Sekundenschnelle verschwunden.

   Telis, der diesen Teil von Kysano nur aus Legenden und Abenteuergeschichten kannte, sah sich aufmerksam um. Aus seinem Versteck zwischen den Bäumen konnte er nicht besonders viel erkennen, aber es war offensichtlich, dass die Gegend nicht so trostlos war, wie er angenommen hatte. Die Vegetation um ihn herum war abgestorben, aber etwas weiter vorn blühte ein Meer von kleinen weißen Blumen. Zwischen ihnen glühten rote Sträucher im hellen Licht der Sonne und hier und dort glitzerten größere und kleinere Wasser-pfützen. Wenn er nicht wüsste, wo er sich befand, würde er keine Sekunde daran zweifeln, dass es hier friedlich und sicher sei.

   Er keuchte erschrocken auf, als wie aus dem nichts Kymetos wieder neben ihm auftauchte. »Es ist alles ruhig. Anscheinend haben wir keinen Alarm ausgelöst. Komm, wir müssen uns beeilen. Bald steigt der Moornebel auf und dann wird es unmöglich, einen Weg durch den Morast zu finden. Bleib dicht hinter mir und pass auf, wo du hintrittst. Das Moor ist tückisch und beherbergt viele gefährliche Wesen.«

   Die beiden bewegten sich vorsichtig aus ihrem Versteck hinaus und Telis bemühte sich, ganz nahe hinter Kymetos zu bleiben, um nicht versehentlich in ein Moorloch zu treten. Je weiter sie sich von den Bäumen entfernten, desto unfreundlicher zeigte sich die Landschaft. Was von der Ferne einladend und ungefährlich ausgesehen hatte, erschien Telis jetzt unheimlich. Die weißen Blumen sonderten einen modrigen Geruch ab und die rot glühenden Sträucher hatten lange, dicke Stacheln, an denen sie immer wieder hängen blieben. Die Wasserpfützen, die eben noch im Sonnenlicht geglitzert hatten, wirkten nun trüb, und die Sonne war am stahlblauen Himmel kaum zu sehen; sie schimmerte matt und kraftlos. Eisig kalte Windböen pfiffen über das Moor, Telis fröstelte trotz seiner Jacke. Er fragte sich, woher Kymetos wusste, wohin genau sie gehen mussten. Ob er früher schon hier gewesen war? Jedenfalls schien er sich sehr gut auszukennen, denn er ging zügig voran und wich dabei den morastigen Löchern geschickt aus.

   Nachdem sie einige Minuten mehr oder weniger geradeaus gegangen waren, blieb Kymetos stehen, horchte aufmerksam und flüsterte dann: »Wir müssen weiter nach Osten, sonst stoßen wir auf eine Wachpatrouille. Pass aber auf, je weiter östlich wir kommen, desto morastiger wird der Boden. Dieser Teil der Moore wird die Ebene der Toten genannt, weil anscheinend keiner, der ihn betritt, jemals wieder zurückkommt.«

   Telis schluckte trocken. »Na, das klingt ja ermutigend. Eigentlich würde ich es vorziehen, heute noch nicht zu sterben.«

   »Keine Angst, heute nicht, und schon gar nicht hier im Sumpf. Ich kenne den Weg gut. Jetzt komm.«

   Die beiden Magier bewegten sich behutsam weiter in östlicher Richtung, wobei sie jede Deckung nutzten, die sie finden konnten. Je weiter sie gingen, desto stickiger wurde die Luft. Es roch nicht mehr modrig, sondern nach faulen Eiern, und aus einigen der Sumpf-löcher stieg gelblicher Dampf auf.

   »Ist das Schwefel?« Telis versuchte, einen Hustenanfall zu unterdrücken.

   »Ja, auch. Gemischt mit dem Geruch der Toten, die hier unten liegen und vor sich hin rotten. Der Gestank wird stärker und das heißt, es ist bald Zeit für den Moornebel. Wir müssen uns beeilen, sonst sind wir erledigt.«

   Schnell schlichen sie weiter. Telis konnte in einiger Entfernung die Patrouille sehen, von der Kymetos gesprochen hatte. Sie bestand aus drei Mann, die sich jetzt verteilten, ganz so, als ob sie etwas suchten. Waren sie entdeckt worden? Er tippte Kymetos leicht auf die Schulter. »Suchen die nach uns?«

   »Vermutlich. Sie haben wohl bemerkt, dass Eindringlinge hier sind, und halten jetzt Ausschau nach ihnen. Sie können unserer Spur zwar nicht folgen, aber wir müssen trotzdem aufpassen. Falls sie uns bemerken, müssen wir sie schnell unschädlich machen, sonst het-zen sie uns alle hier stationierten Dunkelmagier auf den Hals und das wäre ganz schlecht. Zum Glück ist es nicht mehr allzu weit. Ein Stück weiter vorn, dort bei den Felsen, müssen wir uns nach Norden wenden.«

   Er schlich vorsichtig weiter und als Telis ihm folgen wollte, umfasste etwas seinen Knöchel und riss ihn mit einem heftigen Ruck nach unten. Obwohl der Jungmagier sofort reagierte und sich an einem Gestrüpp festklammerte, konnte er nicht verhindern, dass er bis zu den Knien in den Sumpf gezogen wurde. Er konnte den Impuls, nach Kymetos zu rufen, gerade noch unterdrücken und versuchte mit aller Kraft, sich selbst aus der misslichen Lage zu befreien. Die morschen Äste des Gebüsches knackten bedrohlich, dem Jungen war klar, dass sie nicht lange standhalten würden. Seine Augen suchten verzweifelt die Umgebung ab, aber es gab nichts, woran er sich hätte herausziehen können. Er spürte, wie etliche Hände an seinen Beinen zogen und wusste, außer Magie würde ihn nichts mehr retten. Was sollte er bloß tun? Wenn er Lichtmagie anwandte, würde er sich zwar befreien können, gleichzeitig aber ihre Anwesenheit preisgeben. Die einzige Art Magie, die er unbemerkt anwenden könnte, war Dunkelmagie, doch die beherrschte er nicht.

   Er hatte sich eben entschieden, trotz des Risikos gedanklich nach Kymetos zu rufen, als der auch schon neben ihm stand.

   »Keine Panik, ich erledige das.« Er hielt seine Handflächen über die Stelle, an der Telis feststeckte und stieß einen Strahl aus dunkler Energie tief in den Boden hinein. Es gab einen Ruck, gefolgt von einem dumpfen Grollen, der Morast brodelte kurz und heftig auf und dann war Telis frei.

   Der Junge starrte fassungslos auf das Loch, in dem er festgesteckt hatte. »Wie haben Sie das gemacht, Kymetos? Ich meine, das eben war Dunkelmagie. Wieso können Sie das anwenden?«

   »Ich kann viele Dinge. Dunkelmagie ist eines davon. Lass mich mal sehen, ob du verletzt bist.« Er schaute sich Telis’ Beine kurz an und nickte zufrieden. »Du hast Glück gehabt, ich konnte das ganze Moorgift neutralisieren.«

   »Moorgift? Was soll das sein?«

   »Die Toten hier liegen schon lange in dem Moor aus dunkler Energie begraben. Wenn sie jemanden packen, übertragen sie ein Gift. Kommt man damit in Berührung, tötet es langsam und qualvoll. Glücklicherweise war meine Dunkelmagie stark genug, um die Wirkung aufzuheben. Jetzt komm weiter, wir haben wertvolle Zeit verloren.«

   Telis stolperte auf wackeligen Beinen hinter seinem Trainer her. Dies hier nahm ja unglaubliche Dimensionen an. Er wusste zwar von Lestre einiges über Kymetos, aber dass er Dunkelmagie anwenden konnte, hatte ihn völlig unvorbereitet getroffen. Ob Lestre darüber informiert war? Ja, natürlich war er das. Es gab nichts, worüber der Großmagier nicht Bescheid wusste. Er würde ihn danach fragen, sobald sie wieder in der Schule waren. Nach Kymetos und auch, wieso seine Freundinnen Schattenlichtpilze gegen eine Vergiftung brauchten, aber jetzt musste er sich auf diese Sache hier konzentrieren. Er sah sich aufmerksam um und bemerkte in der Ferne die ersten Nebelschwaden. »Kymetos, ist das der Moornebel, von dem Sie gesprochen haben?«

   »Ja, wir müssen uns beeilen. Uns bleiben nur noch etwa zehn Minuten, bevor der Nebel kommt«, antwortete der Magier und beschleunigte seinen Schritt. Sie liefen gebückt voran, um außer Sichtweite der Dunkelmagier zu bleiben, die sie jetzt ein Stück weiter nördlich sehen konnten.

   Plötzlich blieb Kymetos stehen. »Warte! Ich glaube, sie haben etwas gemerkt.«

   Sie duckten sich schnell hinter ein Gebüsch und verharrten regungslos. Ängstlich beobachtete Telis, wie die drei Dunkelmagier in ihre Richtung blickten und etwas zu besprechen schienen. Sie waren sich ganz offensichtlich nicht einig, denn einer von ihnen schüttelte immer wieder energisch den Kopf und deutete in ihre Richtung. Nach einem weiteren Wortwechsel gaben die beiden anderen schließlich nach und alle drei kamen direkt auf das Versteck zu.

   Telis überlegte panisch, was sie nun machen sollten, aber noch ehe er fragen konnte, flüsterte Kymetos: »Wir müssen sie ausschalten, bevor sie uns sehen. Benutze deine Feuermagie, um sie abzulenken. Ich werde die Moortoten rufen, um sie zu töten. Egal, was du siehst, lass dich nicht beirren. Denk daran, ich bin auf deiner Seite. Warte auf mein Zeichen und dann decke sie mit Feuer ein. Ach ja, wenn sie durch dein Feuer sterben, ist das natürlich auch in Ordnung. Tot ist tot.«

   Der junge Magier nickte. Er war jetzt ganz ruhig. Er hatte einen Auftrag auszuführen und würde ihn garantiert nicht vermasseln. Sie mussten diese Pilze holen, um seine Freundinnen zu retten, und das würden sie tun, auch wenn das hieß, dass er eventuell töten musste. Er konzentrierte sich darauf, eine große Menge Feuermagie aufzubauen, und wartete auf das Zeichen seines Trainers, der die Bewegungen der Dunkelmagier beobachtete, um den richtigen Moment zum Angriff abzupassen. Kymetos wartete, bis sie auf etwa zehn Meter herangekommen waren, hob dann die linke Hand auf Hüfthöhe und warf Telis einen kurzen Blick zu. Der nickte nur. Er wusste, wenn Kymetos die Handfläche nach oben drehte, hieß es ›Angriff‹. Dies war das allgemeingültige Zeichen der Lichtmagier und wurde den Schülern vom ersten Trainingstag an eingebläut. Der junge Magier hockte sich so hin, dass er alle drei Dunkelmagier gleichzeitig mit Feuer eindecken konnte, und machte sich bereit.

   Sie kamen langsam näher und waren nur noch etwa sechs Meter entfernt, als Kymetos beschloss, nicht länger zu warten. Er drehte die linke Hand und Telis reagierte. Er ließ in seinen Händen einen Feuerball nach dem anderen entstehen, und warf sie in rascher Folge in Richtung der drei Dunkelmagier. Die waren von dem unerwarteten Angriff völlig überrumpelt und Telis nutzte den Moment der Verwirrung, um eine große Feuerkugel entstehen zu lassen. Er warf sie in die Höhe, wartete den richtigen Zeitpunkt ab und schleuderte sie dann mit einer heftigen Handbewegung genau zwischen die Dunkelmagier, wo sie mit einem leisen Knall explodierte. Zwei von ihnen gingen sofort zu Boden. Dem Dritten gelang es zwar zunächst, aus Telis’ Zielgebiet zu entkommen, aber da griff auch schon Kymetos ein, der die Zeit genutzt hatte, um die nötige Dunkelmagie aufzubauen. Er holte den Dunkelmagier mit einer Bewegung des Zeigefingers zurück und beförderte ihn mit einem Handschlenker zu den anderen, die benommen auf dem Boden lagen. Dann hob er die linke Hand in Kopfhöhe und bewegte sie langsam in einer spiralförmigen Bewegung abwärts. Als die Dunkelmagier sahen, dass dunkle Schwaden aus Kymetos Hand austraten, starrten sie ihn panisch an und versuchten aufzustehen.

   Er sah sich schnell nach Telis um. »Halt sie unten, während ich die Moortoten rufe. Und mach noch einen Feuerkreis um sie herum.«

   Der Jungmagier bewegte sich geschmeidig auf die Dunkelmagier zu und schickte einen, der sich gerade aufrichtete, mit einem gezielten Faustschlag an die Schläfe wieder zu Boden. Einen der anderen, der es inzwischen bis auf die Knie geschafft hatte, bedachte er mit einem heftigen Fußkick, der ihn erneut auf die Erde warf. Er vergewisserte sich, dass keiner von ihnen mehr zum Problem werden würde und zeichnete dann schnell einen Kreis um sie herum, den er mit einem Fingerschnippen anzündete.

   Kymetos hatte den Jungen beobachtet und nickte beeindruckt. »Das war sehr gut, Telis. Jetzt zieh dich etwas zurück. Die Moortoten sind bei ihren Opfern nicht wählerisch, wenn sie gerufen werden.«

   Telis machte schnell einige Schritte nach hinten. Er hatte im Unterricht von den Moortoten gehört. Es hieß, sie wären die Toten aus einem früheren Krieg und könnten nur hier und nur von einem mächtigen Dunkelmagier gerufen werden. Wer zum Henker war Kymetos? Wieso hatte er diese Kräfte? Fasziniert beobachtete er, wie der Magier die Spiralbewegung beendete und die dunklen Schwaden mit einer heftigen Bewegung in den Boden drückte.

   Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die Erde unter ihren Füßen erzitterte und langsam aufbrach. Einer der Dunkelmagier hatte eben das Bewusstsein wieder erlangt und stöhnte entsetzt auf, als er sah, wie der Spalt im Boden immer breiter wurde. Er wollte schreien, aber ein Blick von Kymetos erstickte seinen Schrei in der Kehle. Aus der aufgebrochenen Krume stieg faulig stinkender Rauch auf, in dem schreckliche Fratzen zu erkennen waren. Dann, so plötzlich, dass Telis vor Schreck zusammenzuckte, wurden die Dunkelmagier von den Rauchschwaden gepackt und blitzschnell in die Erdspalte hineingezogen.

   Der Rauch zog sich zurück, die Erde schloss sich wieder und Kymetos nickte zufrieden. »Das hat ganz vorzüglich geklappt. Komm, wir müssen uns nun wirklich beeilen. Die Schattenlichtpilze müssten gleich dort drüben sein.«

   Eilig stolperte der Junge ihm hinterher. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Er konnte immer noch nicht wirklich be-greifen, was gerade geschehen war. Kymetos hatte eben drei Dunkelmagier regelrecht von der Bildfläche verschwinden lassen und er, Telis, hatte dabei eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Es war das erste Mal, dass er so direkt am Tod von jemandem beteiligt gewesen war, aber irgendwie erschien es ihm nicht real zu sein. Während er seinen Gedanken nachhing, sah er sich immer aufmerksam nach Feinden um, konnte jedoch niemanden sehen. Alles war ruhig.

   »Ja, da drüben sind sie. Wir haben die Schattenlichtpilze gefunden, Telis. Hier gibt es besonders tückische Stellen im Boden. Sie sollen die Pilze vor Sammlern schützen. Komm schnell, der Moornebel kriecht bereits aus dem Boden. Wir haben höchstens noch drei Minuten.« Kymetos hastete voraus, wobei er die vielen Morastlöcher geschickt umging. Telis folgte, so schnell er konnte, und betrachtete besorgt die Nebelschwaden, die seine Füße umwaberten. Als sie endlich die Stelle mit den Pilzen erreicht hatten, war ihnen der Nebel schon über die Knöchel angestiegen und Telis konnte die Kälte spüren, die langsam in ihm hochkroch. Er hatte angenommen, es gäbe hier nur Schattenlichtpilze, aber hier waren vielerlei verschiedene Sorten.

   »Schnell, hilf mir suchen. Sie sind violett, ungefähr kniehoch und haben helle und dunkle Schatten, wir brauchen mindestens drei Stück. Wenn du einen hast, musst du ihn bodeneben abschneiden.«

   Telis erkannte die Pilze in der Nebelsuppe kaum mehr, nach einigem Suchen wurde er dennoch fündig. Er tastete nach der Kappe, fuhr mit dem Finger den Pilz herunter, bis er den Boden berührte, tippte dann mit dem Zeigefinger an die Seite des Stiels und sagte: »Cousidis.« Sobald er das Wort ausgesprochen hatte, kippte der Pilz um und fiel sauber abgeschnitten direkt in seine Hände. »Ich hab einen. Soll ich noch weitersuchen?«

   »Nein, ich habe drei. Lass uns von hier verschwinden. Der Nebel steigt schnell. In einer Minute wird er so dick sein, dass wir fest-stecken. Dann sind wir eine leichte Beute für die Moortoten, die mit den Nebeln aufsteigen. Nimm meine Pilze, ich muss dafür sorgen, dass wir keine Spuren hinterlassen.« Kymetos reichte ihm die Pilze und rieb dann die Handflächen aneinander, bis ein schwarzes Pulver aus ihnen austrat. Er ließ etwas von dem Pulver auf den Boden rieseln, warf dann in einer heftigen Bewegung die Arme nach oben und verstreute den Rest über ihren Köpfen. Sofort entstand schwarzer Rauch, der sich wie ein Mantel über die beiden Magier legte. Er wartete, bis der Rauch sie ganz umfing, vollzog dann eine kreisförmige Handbewegung und teleportierte sie direkt zurück in die Krankenstation.

   Cithana stürzte auf sie zu, riss Telis wortlos die Pilze aus den Händen und rannte zu ihrem Arbeitstisch, auf dem das Buch und verschiedene Kräuter lagen. »Endlich! Jetzt muss ich es nur noch mischen. Wieso hat das denn so lange gedauert, Kymetos?« Ihre Stimme klang vorwurfsvoll.

   »Entschuldige bitte, aber in Khilonosh nach etwas zu suchen, ist nicht gerade ein Spaziergang. Wir mussten einige Male impro-visieren«, antwortete Kymetos leicht pikiert. »Ich bin mir im Übrigen ziemlich sicher, dass auch Nimaelee noch nicht lange zurück ist, oder?«

   Nimaelee schüttelte den Kopf. »Ich bin auch gerade erst gekommen. Die Goldflügel und der Nachtwasserfarn waren ja leicht zu finden, aber für das Wechselkraut brauchte ich eine Menge Zeit. Jedes Mal, wenn ich dachte, ich habe es, war es wieder weg. Ich musste dreimal einen Isolationszauber anwenden, bis ich es endlich an einem Ort fixiert hatte. Ich hasse Wechselkraut!« Sie wandte sich an Telis, der etwas verloren im Raum stand. »Du bist mit Kymetos mitgegangen? Das war ziemlich mutig von dir. Khilonosh ist gefährlich.«

   »Mutig? Ach, ich weiß nicht. Leeza und Jizahan brauchten Hilfe, da habe ich nicht lange überlegt. Aber ich muss zugeben, ich hätte vielleicht einen Moment darüber nachgedacht, wenn ich gewusst hätte, was uns dort erwartet.«

   »Nein, das hättest du nicht, Telis«, mischte sich Kymetos ein. »Du wusstest genau, wie gefährlich Khilonosh ist, und hast mich, ohne eine Sekunde zu zögern, begleitet. Und du hast deine Sache sehr gut gemacht, so ganz nebenbei gesagt. Deine Feuermagie war wirklich bemerkenswert. Aber haltet jetzt beide die Klappe, damit Cithana in Ruhe arbeiten kann.«

   Kymetos hatte nur beiläufig gesprochen, aber Telis war klar, dies war eben ein Riesenkompliment und gleichzeitig ein Dankeschön gewesen. Er grinst verlegen, als er Nimaelees beeindruckten Blick bemerkte.

   Cithana hatte den dunkelgrünen Nachtwasserfarn inzwischen in einem breiten Mörser zu einer Paste zerdrückt. Nach einem Blick ins Buch gab sie die Goldflügel dazu und entzündete das Gemisch. Es gab einen leisen Knall und eine goldene Stichflamme, die sogleich wieder erstarb. Die Heilerin nickt zufrieden, blickte erneut ins Buch und griff nach dem rötlich glänzenden Wechselkraut. Blatt um Blatt fügte sie es der jetzt goldig schimmernden Paste hinzu. Als sie alles zusammengemischt hatte, deckte sie den Mörser mit einem schwarzen Tuch ab und schnippelte die Pilze klein. Nach einem weiteren Blick auf das Gegengiftrezept warf sie die Pilzstücke in einen kleinen, bis zur Hälfte mit heißem Wasser gefüllten Tontopf. Sie ließ die Pilze genau zwei Minuten darin garen, dann leerte sie das Wasser bis auf einen kleinen Rest ab und gab das Gemisch aus dem Mörser dazu.

   »Jetzt heißt es darauf warten, ob Rauch aufsteigt. Kein Rauch bedeutet, ich habe etwas falsch gemacht und muss noch mal beginnen.« Sie ging zum Waschbecken und ließ sich kühles Wasser über die Hände laufen. »Dieses verdammte Gemisch brennt auf der Haut wie Feuer.«

   Kymetos war in der Zwischenzeit zu den Betten hinüber gegangen und betrachtete die beiden Verletzten sorgenvoll. »Wie geht es ihnen?«

   »Ich bin mir nicht sicher«, antwortete Cithana. »Ich habe ihnen zum Überbrücken den Rest eines sehr seltenen allgemeinen Gegen-giftes aus meinen Beständen gegeben und ich glaube, das hat das Fortschreiten der Vergiftung etwas aufgehalten. Ich weiß aber nicht, wie lange die Wirkung noch anhält.«

   Telis war jetzt ebenfalls zu den Mädchen gegangen und starrte die vielen Bisswunden auf Jizahans Armen fassungslos an. »Was um alles in der Welt war das? Und wie ist das passiert?«

   »Bechets Pantrux«, antwortete Nimaelee und zuckte mit den Achseln, als Kymetos sie vorwurfsvoll ansah. »Was denn? Du hast ihn doch in die Sache verwickelt. Was wolltest du ihm darüber sagen? Nichts?«

   Er winkte ab. »Jetzt ist nicht die richtige Zeit, um über diese Dinge zu sprechen. Wir sollten uns das für später aufsparen. Für den Moment reicht es, dass du weißt, was die Vergiftung ausgelöst hat, alles andere muss warten.«

   Telis nickte und deutete auf den Tontopf. »Aus dem Gebräu steigt Rauch auf, Cithana. Heißt das, Sie können die beiden jetzt heilen?«

   Die Heilerin ging zu ihrem Arbeitstisch und warf einen Blick ins Buch, um das Rezept zu prüfen. »Nein, noch nicht. Ich muss zuerst die letzte Zutat dazu geben.« Cithana ging zu Jizahan, führte eine Spritze in ihren Arm ein und zog eine Ampulle ihres Blutes hinaus. Als sie die Farbe betrachtete, schüttelte sie besorgt den Kopf. »Das ist gar nicht gut. Ihr Blut hat sich bereits dunkelviolett verfärbt. Sie hat nicht mehr lange Zeit. Ich hoffe wirklich, Lestre kommt bald mit einem Erdheiler zurück, sonst kann ich nichts mehr für sie tun.« Sie schüttelte die Ampulle leicht und goss sie in den Tontopf. Es gab ein leise zischendes Geräusch, der Farbton des Rauches veränderte sich von Grau zu Rot und ein furchtbarer Gestank stieg auf.

   Nimaelee hielt sich angeekelt die Nase zu. »Oh mein Gott, muss das dermaßen stinken?«

   »Ja, anscheinend schon.« Cithana hustete und hielt sich ein Tuch vor die Nase. »Aber keine Angst, der Geruch sollte nur von kurzer Dauer sein. Sobald die Schattenlichtpilze sich mit dem vergifteten Blut verbunden haben, müsste er sich auflösen.« Nach etwa einer Minute begann es im Topf zu brodeln, es gab einen leisen Knall und der Rauch sowie auch der widerliche Geruch waren verschwunden. Cithana nahm den Topf vorsichtig auf und betrachtete seinen Inhalt. »Ich glaube es hat geklappt. Es ist mir gelungen, das Gegengift für Bechets Pantrux herzustellen. Jetzt fehlen nur noch Lestre und der Erdheiler.« Sie leerte die Brühe behutsam in ein Glasfläschchen, wobei sie darauf achtete, nicht mit der dicken dunkelroten Flüssigkeit in Berührung zu kommen.

   Kymetos trat näher heran, um sich das Gegengift genauer anzusehen. »Was müssen die Mädchen damit machen? Müssen sie es trinken?«

   »Genau. Jemand von euch muss es ihnen langsam einträufeln, während der Erdheiler und ich unsere Heilkräfte einsetzen. Ich hoffe, Lestre bringt wirklich den Besten.«

   Nimaelee rieb sich nachdenklich die Nase. »Wenn ich das alles richtig verstanden habe, benötigst du den Erdheiler nur für Jizahan, oder? Kannst du nicht schon mal anfangen, Leeza zu heilen, während wir auf Lestre warten?«

   »Das könnte ich, aber zwei starke Heiler sind immer besser als einer. Diese Vergiftung ist anders als alles, was ich bisher gesehen oder behandelt habe. Da will ich kein unnötiges Risiko eingehen.« Cithana fühlte Jizahans Puls. Er war jetzt so schwach, dass sie ihn kaum mehr spüren konnte. Jizahans Zeit war beinahe abgelaufen. Wo blieb nur Lestre? Wieso brauchte er nur dermaßen lange dafür, einen Erdheiler zu finden? Sie spürte die besorgten Blicke der anderen drei Magier und sagte: »Wenn sie nicht in den nächsten fünf Minuten hier sind, wird es für Jizahans zu spät sein.«

   Dazu gab es nichts mehr zu sagen und deshalb warte-ten sie schweigend, jeder in seine eigenen Gedanken von Hoffnung und Verzweiflung verstrickt. In der Stille des Raumes konnte man die beiden Mädchen atmen hören. Leeza etwas schwer, aber wenigstens regelmäßig und Jizahan rasselnd mit immer näher aufeinanderfolgenden Aussetzern.

   »Sind wir noch rechtzeitig?« Lestre stand plötzlich vor ihnen, im Schlepptau einen kleinen älteren Mann.

   »Ich hoffe es. Kommt, wir dürfen keine Zeit mehr verlieren.« Cithana hastete zu ihrem Arbeitstisch, packte die Glasflasche mit dem Heilmittel und drückte sie Kymetos in die Hand. »Du übernimmst das Träufeln! Schön langsam und gleichmäßig.«

   Der Erdmagier trat an die Betten der Mädchen und untersuchte Jizahans Bisswunden. »Das waren ja tatsächlich Bechets Pantrux. Das ist einfach unglaublich.« Er richtete sich wieder auf, betrachtete die Glasflasche, die Kymetos hielt und fragte Cithana beeindruckt: »Und du hast das Gegenmittel herstellen können? Dazu braucht man unter anderem Wechselkraut und Schattenlichtpilze. Beides ist schwer zu bekommen.«

   »Das kann man so sagen. Glücklicherweise hatte ich Hilfe, aber wir können später reden. Jetzt müssen wir heilen.« Cithana platzierte sich auf der anderen Seite von Jizahans Bett und hielt die Hände über den Körper des Mädchens. Der Erdmagier tat es ihr gleich und Kymetos machte sich mit dem Gegengift bereit.

 

Copyright © 2018 Beatrice Hiu

 

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